(K)ein besonderes Leben?


Wort zum Sonntag, 21.07.2024 (8. So. n. Trinitatis)

von Pastorin Anne Stucke, Ev.-luth. Kirchengemeinde Ebstorf
Anne Stucke (Foto: privat)

Vor 86 Jahren wurde sie in diesem Ort geboren, in dem sie heute noch lebt. Sie ist mit zwei Geschwistern auf dem Hof  aufgewachsen. Nach der Schule ging sie – wie das damals weithin üblich war – „in Stellung“. Sie hat im Haushalt und in der Landwirtschaft gearbeitet. Ihren Mann hat sie bei einem Tanzvergnügen kennengelernt. 21 war sie, gerade volljährig damals, als sie ihren Mann geheiratet hat. Der ging zum Arbeiten ins Ruhrgebiet, weil es da mehr Geld zu verdienen gab und kam nur am Wochenende.

Eine schwierige Zeit mit den kleinen Kindern allein. „Den anderen ging es doch auch nicht besser“, sagt sie nüchtern. Viel zu tun gab es meistens. Das Haus, der Garten – immer war alles tipp-topp und um die üppige Blumenpracht beneideten sie so manche.

Inzwischen gehören eine ganze Schar Enkel und auch schon vier Urenkel zur Familie. Sie freut sich, wenn alle versammelt sind, auch wenn sie merkt, dass ihre Kräfte weniger werden. „Mein Leben ist doch nichts besonderes, da gibt es nicht viel zu erzählen“, sagt sie.

Das sehen die Enkel aber anders. Ihre Hochzeitssuppe ist unübertroffen und an ihrem Geheimrezept für den Schokoladenkuchen haben sich schon manche vergeblich versucht. Die Nachbarn können eine Reihe Geschichten erzählen, wo sie überall eingesprungen ist und geholfen hat: Kinder gehütet, Suppe gekocht, große und kleine Sorgen geteilt und oft Rat gewusst. Die Urenkel hängen an ihren Lippen, wenn sie von früher erzählt und staunen, wie anders das Leben war. Manches aus der Familiengeschichte weiß nur noch sie.

Kein besonderes Leben? Es ist einmalig und einzigartig, so, wie es jeder Mensch ist, mit seiner Geschichte, seinen Gedanken und Gefühlen. Unverwechselbar. – Im Psalm heißt es: „Der Herr schaut vom Himmel herab und blickt auf alle Menschenkinder.“ (Psalm 33,13)

Pastorin Anne Stucke
Ev.-luth. Kirchengemeinde Ebstorf