„Friede auf Erden“ – Wie soll das wahr werden in einer Welt, die so unfriedlich ist wie nie zuvor? Millionen Menschen gibt es, deren Alltag vom Krieg geprägt ist; seit Monaten oder seit Jahren. Sie verlieren ihre Angehörigen durch Luftangriffe oder durch ganz direkte Gewalt. Ihre Wohnungen werden zerbombt. Sie müssen fliehen und wissen nicht, wohin. Kinder, die noch nie friedliche Zeiten erlebt haben, sind traumatisiert. Männer werden als Soldaten eingezogen und müssen kämpfen, ob sie wollen oder nicht. Frauen bemühen sich, den Alltag unter schwersten Bedingungen irgendwie aufrechtzuerhalten. Selbst ein Aufatmen wie jetzt nach dem Ende der Diktatur in Syrien geschieht noch mit viel Vorsicht. Es ist verbunden mit der Frage: Was kommt danach? Die Folgen von Krieg und Unterdrückung bleiben über Generationen. – Friede auf Erden?
Trotz dieser Wirklichkeit von Krieg und Gewalt ist da diese tiefe Sehnsucht nach Frieden. Bei uns, die wir die Bilder des Schreckens jeden Tag in den Medien sehen. Und bei den Betroffenen erst recht. Friede auf Erden – wenn das doch wahr würde, im Kleinen und im Großen. Frieden in unseren Beziehungen und Familien; Frieden zwischen den Generationen. Frieden zwischen den Völkern und Staaten; zwischen den Religionen und den Ideologien. Frieden würde bedeuten: Wir brauchen uns nicht mehr zu fürchten. Nicht vor anderen Menschen; nicht vor den Herrschern einzelner Staaten und ihren Machtansprüchen; nicht vor Krieg, Gewalt und einem bösen, schnellen Tod.
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ Dieser Lobgesang der Engel ist eine Verheißung. Sie bringen uns heute die gute Botschaft von der großen Freude, von der Geburt Christi, der einmal den Frieden bringen wird in unsere zerrissene Welt, deren Menschen sich so sehr nach wirklichem Frieden sehnen.
Mit Jesus Christus, dem Kind in der Krippe, beginnt etwas Neues. Wenn wir das Krippenbild betrachten, sehen wir: Maria und Josef, die Hirten und die Könige – alle schauen sie auf das Kind in ihrer Mitte, beugen sich andächtig zu ihm herunter und staunen. Sie staunen darüber, dass Gott selbst zu uns gekommen ist – nicht als mächtiger, furchteinflößender Herr-scher, sondern in einem kleinen Kind. In einem Neugeborenen, das völlig schwach und hilflos ist, angewiesen auf die Liebe und Fürsorge seiner Eltern. Ein Kind, das völlig ungelegen kam, für das im überfüllten Bethlehem kein Raum in der Herberge war und das schließlich in einem Stall geboren wurde. Das ist wahrhaftig Grund zum Staunen. Damals, als dieses Kind geboren wurde und heute für uns.
In diesem Staunen und dieser Verwunderung bricht etwas in uns auf und verändert uns: Unsere festgefahrenen Strukturen und Meinungen werden beweglich. Neben unseren Sorgen und Ängsten breitet sich Freude aus und mit der Freude die Hoffnung, dass es einmal wahr werden könnte mit dieser Verheißung: „Friede auf Erden.“ Dass es noch eine andere Wirklichkeit gibt, die über unsere bisherigen Erfahrungen in dieser Welt hinausreicht.
Etwas von dieser Verheißung hat begonnen mit der Geburt Jesu Christi und ist seitdem in der Welt. Jedes Jahr, wenn wir Weihnachten feiern, erinnern wir uns daran und bekommen eine Ahnung von diesem Neubeginn, der uns und die Welt verändert. Eine Ahnung von der Freude, die uns in den Lobgesang der Engel einstimmen lässt: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“
Frohe und gesegnete Weihnachten!
Dorothea Mecking,
Pastorin in St. Marien Uelzen und Veerßen
und im Herz- und Gefäßzentrum (HGZ) Bad Bevensen