Es gibt Statistiken, die auflisten, wieviel Zeit wir mit Warten verbringen. 38 Stunden im Jahr warten Autofahrer durchschnittlich im Stau. 7,5 Stunden verbringen wir mit Warten in Wartezimmern von Ärzten und Behörden. Und 24 Tage warten wir im Advent.
Adventszeit ist Wartezeit! Ich erinnere mich noch gut daran, wie quälend diese Wartezeit für mich als Kind war, bis endlich die Tür zur Weihnachtsstube sich öffnete. Aber ich erinnere mich auch gut daran, wie tröstlich die Dinge waren, mit denen dieses Warten gefüllt wurde: wenn am 6. Dezember schon mal der Nikolaus kleine Geschenke in meinen Schuh steckte und wenn der Adventskalender das Warten mit kleinen, verzierten Schokoladenstückchen versüßte.
Diese 24 Türchen machten diese unendlich lange Wartezeit etwas überschaubarer. Genau so wie die 24 Kerzen an dem allerersten Adventskranz, den Johann Hinrich Wichern 1839 erfand und mit dem er damals schon die Wartezeit für die Kinder füllte. Seitdem sind viele Wartezeitfüller hinzugekommen: Wir verkürzen uns die Wartezeit auf Weihnachtsmärkten und Adventsfeiern, mit Einkäufen an langen Samstagen und am Black Friday.
Am 3. Advent begegnet uns ein Fachmann in Sachen „Warten“. Johannes der Täufer! Er ist der Wegbereiter Jesu. Aber anstatt diese Wartezeit zu füllen, geht er in die Wüste, in die Leere. Dorthin, wo ihn nichts ablenkt: keine Geschäftigkeit, keine To-Do-Liste, kein Wartezeitfüller. Er ist an einem Ort, wo er ganz bei sich und bei seinem Gott ist, ungestört für ein Vier-Augen-Gespräch. Er nimmt sich die Zeit für Ruhe und Besinnung. „Eine ruhige und besinnliche Weihnachtszeit!“ Wie oft wünschen wir uns genau das?
„Macht den Weg bereit für den Herrn, ebnet ihm die Straße!“ Mit diesem Aufruf kehrt er zurück, die Straße freizuräumen von Geschäftigkeit und Unruhe, den Weg zu bereiten für das Kind in der Krippe, mit ihm Raum zu schaffen für mehr Mitmenschlichkeit, Achtsamkeit und Frieden in der Welt.
Adventszeit ist Warte- und Erwartungszeit, und zwar schon von Anfang an: Maria erwartet ein Kind. Josef und Maria erwarten eine Unterkunft. Die Welt erwartet das Kind in der Krippe und, wie es in der Weihnachtsgeschichte heißt: „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Und bis heute zieht sich diese Friedenserwartung über den ganzen Erdball. Und dafür lohnt es sich Wege und Türen zu öffnen. Nicht nur am Adventskalender, sondern für ein besseres Miteinander unter den Menschen! Denn mit jeder geöffneten Tür dringt mehr Licht in diese Welt, und es wird heller um uns herum.
Ich wünsche Ihnen eine ruhige und besinnliche Adventszeit und ein gesegnetes Weihnachtsfest.
Pastorin Iris Junge,
Ev.-luth. Kirchengemeinde St. Marien Uelzen