Von der Macht der Dunkelheit


Wort zum Sonntag, 29.12.2024 1. So. n. Weihnachten)

von Pastor Holger Holtz, Ev.-luth. Kirchengemeinde Hanstedt I, Missionarischen Zentrum
Holger Holtz (Foto: Isabell Massel)

„Unterschätze die Dunkelheit nicht!“ Dieser Gedanke kam in mir nach dem Anschlag von Magdeburg auf und lässt mich nicht mehr los. Zu Weihnachten schauen wir gerne auf das Licht. Die warmen Kerzenflammen, die Hoffnung, die in diesem wunderschönen Bild steckt. „Die Dunkelheit hat’s nicht ergriffen.“ So stark beschreibt der Evangelist Johannes das Licht Gottes. Viele Jahre habe ich das als selbstverständlich gesehen. Selbstverständlich ist das Licht stärker als die Dunkelheit. Selbstverständlich wird Gottes Licht und seine Liebe diese Welt besser machen.

So selbstverständlich ist das nicht. Am Ende dieses Jahres kommen mir Zweifel. Ist es so selbstverständlich, dass Gottes Licht gewinnt? Erstmals konnte das Friedenslicht aus Bethlehem nicht von dort abgeholt werden, weil die Sicherheitslage dies nicht zuließ.

Dunkelheit ist mächtig geworden. Kriege gehen unvermindert weiter. Dunkel ist es in vielen Ländern der Welt. Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg ist es dunkel geworden, weil ein Mensch Dunkelheit in sich trug. Dunkelheit macht sich in unserem Land breit. Ich empfinde es als respektlos, wenn der Bundeskanzler (man mag ihn mögen oder nicht) mit „Hau ab!“ angeschrien wird, wenn er sich ein Bild von der Lage in Magdeburg machen will. Dunkelheit ist in den Herzen.

Es ist richtig, sich vor der Dunkelheit zu fürchten, weil in ihr nichts Gutes ist. Nichts. Oder was ist gut an Hass, Ausgrenzung, Gewalt, Krieg? Dunkelheit ist überall. In dieser Welt. Sie ist auch in mir. Sie ist mächtiger, als ich es dachte und glauben will.

Ich will keine Dunkelheit. Deshalb ist für mich das Friedenslicht aus 2023 umso stärker. Deshalb sind die kleinen warmen Kerzen dieses Jahr umso wichtiger. Weil Gott Helligkeit bringen will. Trotzig. Naiv. Beharrlich. Mutig sagt sein Licht „Nein“ zur Dunkelheit.

Wir müssen jetzt davon erzählen, was uns einst erzählt wurde. Egal, wie. Egal, wo. Jetzt. „Mache dich auf und werde Licht!“ Dieses Wort des Jesaja und das dazu bekannte Lied ist keine Floskel – es ist dringend Zeit dafür. Wo jemand im Dunkel ist – erzähl ihm vom Licht. Wo jemand innerlich hart ist – werde weich. Wo jemand Hass predigt – rede von Liebe. Wo jemand dunkle Gedanken hat – führe ihn zum Licht. So wird Johannes recht behalten: „Die Dunkelheit hat’s nicht ergriffen.“

Pastor Holger Holtz,
Ev.-luth. Kirchengemeinde Hansetdt I,
Theologischer Leiter des Missionarischen Zentrums Hanstedt I