Neulich sah ich in einem Haus einen Meisterbrief an der Wand. Schmiedemeister. Wie ein riesiges Plakat. Für jeden sichtbar. Der Mensch verfügte über Berufserfahrung und weitreichende fachliche Kenntnisse. Der Meisterbrief ist ein sehr hoher Bildungsabschluss. Da stellt sich Vertrauen ein. Die Person kann, was sie tut. Manchmal kann es auch hilfreich sein, wenn man ein gutes Empfehlungsschreiben bekommt, zum Beispiel bei einem Jobwechsel.
Der Apostel Paulus nennt die Gemeindemitglieder in Korinth „Brief Christi“ (2. Korinther 3,3). Eine auf den ersten Blick sonderbare Formulierung. Briefeschreiben ist heute schon fast eine verlorene Kunstform. Es braucht Zeit und Geduld. Es ist intim und zeigt dem Adressaten: Du bist es wert! Und das Schreiben ist eine Hinwendung zu sich selbst.
Ich als Christ bin ein Brief Christi. Ich soll ankommen und gelesen werden. Ich als Brief bin alles andere als perfekt. Manche Stellen sind unleserlich, vielleicht gibt es auch ein paar Rechtschreibfehler. Das macht nichts. Ich bin angenommen. Gottes Geist ist da und lässt mich als Brief ankommen. Lässt mich erzählen von Nächstenliebe, die die Welt immer ein bisschen besser macht. Lässt mich davon erzählen, dass der Tod mächtig ist und die Auferstehung stärker. Lässt mich von Gemeindemitgliedern erzählen, die Verlusterfahrungen erlebt haben, die für mehr als ein ganzes Leben reichen. Sie spüren: Gottes Geist ist da, tröstet und lässt immer wieder neue Schritte ins Leben tun. Lässt mich erzählen vom Glauben, der durchträgt und menschliche Grenzen überwindet. Gottes Geist ist da. Bleiben Sie behütet!
Pastor Niklas Schilling,
Ev.-luth. Kirchengemeinden Rosche und Rätzlingen