Sans souci – ohne Sorgen sein


Wort zum Sonntag, 27.10.2024 (22. So. n. Trinitatis)

von Pastorin Carolin Luck, Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Bevensen-Medingen
Carolin Luck (Foto: privat)

Der Herbst ist die Zeit der Vergänglichkeit: Die Blätter färben sich in warmen Tönen, bevor sie langsam zu Boden gleiten, die Tage werden kürzer, die Luft kühler. In dieser Jahreszeit zieht es viele von uns in die Natur, um zu reflektieren, innezuhalten und die Ruhe zu genießen.

Genau so ging es mir neulich auf einer Reise in Potsdam, wo ich – wie schon oft – den Park von Sanssouci besuchte. Dort ließ Friedrich der Große im 18. Jahrhundert ein Schloss bauen, in dem er fernab von Sorgen – „sans souci“ – leben und sich dem Philosophieren und Denken widmen wollte.

Nur unweit hinter diesem „Ort ohne Sorgen“ liegt der Ruinenberg. Die künstlichen Ruinen antiker Tempel sollen daran erinnern, dass alles Vergängliche Platz für Neues schafft. So wie auf dem Ruinenberg ein Wasserbecken die Brunnen des Parks speist, speisen auch die Erfahrungen und das Wissen vergangener Zeiten unser heutiges Leben. Der Herbst zeigt uns das auf besonders eindrückliche Weise: Alles hat seine Zeit. Das Alte vergeht, aber aus ihm erwächst Neues.

In unserem Leben ist es ähnlich. Der Herbst bietet die Möglichkeit, wichtigen Lebensfragen nachzugehen und Kraft aus der Stille zu schöpfen. Typische Fragen, die mich bei einem Herbstspaziergang begleiten, sind diese: Was nehme ich aus der Vergangenheit mit? Was von dem, was war, beeinflusst mich noch heute? Und was darf ich loslassen, um Platz für Neues zu schaffen?

Die Bäume lassen ihre Blätter los, werden erst einmal kahl, um dann im Frühling neu aufzublühen. So kann auch ich Altes hinter mir lassen, um mich für das Neue zu öffnen. Gott begleitet mich dabei.

Vielleicht spüren auch Sie in diesen Tagen das Bedürfnis, in die Natur zu gehen, sich der der herbstlichen Stimmung hinzugeben und nachzudenken. In der Ruhe und im Rückzug kann uns Gott besonders nahe sein. Er begegnet uns in der Schönheit der Schöpfung, im Wechsel der Jahreszeiten und in den stillen Momenten des Alltags.

Gott begleitet uns, wie er die Natur begleitet, und gibt uns die Kraft, uns dem Wandel des Lebens anzuvertrauen. Und hilft so dabei, Vergänglichkeit mit anderen Augen zu sehen: Sie zu akzeptieren und darin auch eine Chance für Neues zu sehen. Der Herbst zeigt uns, dass nach jedem Ende ein Anfang folgt. Möge dieser Gedanke uns Leichtigkeit und „sans souci“ schenken, wie Friedrich der Große es einst erträumte. 
 

Pastorin Carolin Luck 
Ev.-luth. Gesamtkirchengemeinde Bevensen-Medingen
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