„Ich werde Sängerin an der Hamburger Staatsoper!“ Diesen Satz schrieb vor vielen Jahren eine 17-Jährige mit roter Farbe auf ihren Spiegel. Geblieben ist ihr die Liebe und das Talent zum Singen – beruflich ist sie andere Wege gegangen.
So hat jede und jeder von uns bestimmte Lebensziele und Pläne, die uns begleiten. Manches davon wird Wirklichkeit, anderes bleibt ein Traum. Manches in unserem Leben ist absehbar; manches entwickelt sich auch ganz anders, als wir uns das jemals vorstellen konnten. Lebenswege verlaufen nicht schnurgerade. Sie haben Kurven und Abzweigungen; wir bewältigen steinige Aufstiege und sanfte Wege in der Ebene. Dieser Wechsel mit unerwarteten Ausblicken macht unsere Lebenswege so interessant.
Martin Luther schreibt: „Das Leben ist nicht ein Sein, sondern ein Werden; nicht eine Gesundheit, sondern ein Gesundwerden; nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan oder geschehen; es ist aber im Gang und im Schwang. Es ist nicht das Ende; es ist aber der Weg.“
In diesem Unterwegssein bleiben wir lebendig. Egal, wie jung oder wie alt wir sind – wir sind noch nicht fertig, nicht starr und festgelegt, sondern in Bewegung. Diese Einsicht finde ich belebend und tröstlich. So vieles an Zukunft und Entwicklung steht uns offen, auch da, wo wir selbst unser Leben als sehr begrenzt empfinden. Wir wissen gar nicht, was Gott noch alles mit uns vorhat; welche Aufgaben und Herausforderungen, welche Sorgen und Freuden er für uns bereithält.
Am Ende kommt es nicht so sehr darauf an, dass wir unsere Ziele und Pläne verwirklicht haben. Wesentlicher ist es, dass der Weg, den wir gehen, von Gott begleitet wird und ein Weg der inneren Entwicklung ist. Ein Weg der Zukunft und Hoffnung, ein Weg zum Leben.
Pastorin Dorothea Mecking
Ev.-luth. Kirchengemeinden St.-Marien Uelzen und Veerßen,
Klinikseelsorgerin im HGZ Bad Bevensen